Kinder sollten mehr spielen, als viele es heutzutage tun. Denn wenn man genügend spielt, solange man klein ist – dann trägt man Schätze mit sich herum, aus denen man später ein Leben lang schöpfen kann. Dann weiß man, was es heißt, in sich eine warme Welt zu haben, die einem Kraft gibt, wenn das Leben schwer wird.

Astrid Lindgren (2000): Steine auf dem Küchenbord: Gedanken, Erinnerungen, Einfälle.

 

Ist es absurd, einen Blogbeitrag aus Tansania mit einem Zitat von Astrid Lindgren zu beginnen? Einen Beitrag, bei dem es um Kinder geht, die aller Wahrscheinlichkeit nach kein einziges Buch besitzen und in ihrem weiteren Leben vermutlich nicht mit Büchern Astrid Lindgrens in Kontakt kommen werden? Ich finde: nein! Denn es geht heute um genau das, was Lindgren ein so großes Anliegen war: spielende Kinder. Genauer gesagt, die Kinder von Mchinga Mbili.

Mchinga Mbili ist ein Nachbardorf von Lindi (23 km nördlich), mit ca. 6.000 EinwohnerInnen und liegt wie auch Lindi an der B2, der Straße die von Dar es Salaam bis nach Mtwara an die Grenze zu Mosambik führt. Bedenkt man, dass 43,4% der Gesamtbevölkerung Tansanias unter 14 Jahre alt ist so leben in Mchinga zurzeit schätzungsweise 2630 Kinder unter 14. Die Menschen in Mchinga Mbili leben als Selbstversorger von der Subsistenzwirtschaft. Zurzeit befindet sich ein Unternehmen zur Herstellung von Sonnenblumenöl sowie Hühneraufzucht im Aufbau, das es sich außerdem zum Ziel gemacht hat, Weiterbildung zu nachhaltiger Landwirtschaft zu betreiben (KT Homepage).

Zurück zu den Kindern! In Tansania ist der Schulbesuch für alle Kinder ab Grundschulalter (sechs Jahre) verpflichtend und abgesehen von Kosten für Schuluniformen sowie Schreibutensilien an den staatlichen Schulen kostenlos. Unter anderem durch sehr große Klassen (bis zu 100 SchülerInnen pro LehrerIn), vielfach miserablen Zustand der Schulgebäude, das Fehlen von Unterrichtsmaterial und die sehr kurze und eingeschränkte zweijährige LehrerInnenausbildung kann das Unterrichtsniveau an staatlichen Schulen in Tansania als mindestens problematisch beschrieben werden.

Schwierig ist weiterhin die geringe Bezahlung sowie das schlechte Ansehen der Lehrkräfte in der Gesellschaft, was sich in der weit verbreitete Meinung zeigt, ein Leben als LehrerIn sei die Konsequenz aus einem sehr schlechten Abschneiden in der eigenen Schullaufbahn (Informationen zur Lehrerausbildung in Tansania finden sich bei der kenianischen NGO FAHAMU hier, Stand: 04.12.2018).

Lediglich 10 % aller GrundschulabsolventInnen besucht im Anschluss an die siebenjährige Grundschule eine weiterführende Schule.

Die Grundschule in Mchinga Mbili hat knapp 800 Schülerinnen und Schüler zwischen sechs und dreizehn Jahren die von zehn LehrerInnen unterrichtet werden. Nachdem die meisten Kinder die Schule bereits (regelwidrig) nach der vierten oder fünften Klasse verlassen kann davon ausgegangen werden, dass die eigentliche Anzahl schulpflichtiger Kinder noch deutlich höher liegt. Bauliche Mängel (z.B. schadhafte Dächer) gibt es auch an der Grundschule in Mchinga zahlreiche – daran kann die aus unserer Sicht maximal idyllische Lage unter Kokospalmen an einem kilometerlangen, weißen Sandstrand am indischen Ozean nichts ändern. Immerhin wurde kürzlich ein neues Schulgebäude mit zwei Klassenräumen fertig gestellt – nun gibt es sieben Räume für sieben Klassen. Dies verbessert die Situation vor allem mit Blick auf die kommende Regenzeit (das neue Gebäude ist gut zu erkennen auf dem Luftbilder).

Die Grundschule von Mchinga Mbili

Gestern ging es nun um die Außenanlage der Schule:

Unser vor gut einem Jahr ins Leben gerufene Projekt Poatenge (ganz grob: Nähprojekt mit deutsch-tansanischen ProjektpartnerInnen, die durch lokale Herstellung und globalen Verkauf von genähten Produkten einen Gewinn erzielen, der in Tansania zur Beschaffung von Spielgeräten an Grund- und Vorschulen eingesetzt wird) hatte Dank sehr gut laufendem Verkauf der Produkte in Deutschland genügend Gewinn erwirtschaftet, um die mittlerweile vierte Schule mit Spielgeräten auszustatten.

Das Schlosser-Team in Lindi
Unsere Schneiderin Mwajuma
Chefin bei der Stoffauswahl.

So installierte Schlosser John Hamisi mit seinem Team nach dreiwöchiger Bauphase (im workshop in Lindi) die Geräte unter einem eindrucksvollen Mangobaum vor der Grundschule Mchinga. Das Interesse und die Freude der Kinder hätten nicht größer sein können! Wir sind stolz und dankbar, den Kindern von Mchinga Mbili mit diesen Spielgeräten einen Raum zum Spielen bieten zu können! Die Geräte sind so platziert, dass sie die meiste Zeit des Tages im Schatten liegen und werden sicherlich nicht nur von den Schulkindern, sondern von allen Kindern des Dorfes genutzt werden. Um das Verletzungsrisiko gering zu halten, und da die Kinder in den Pausen und in ihrer Freizeit in der Regel ohne Aufsicht sind, sind alle Poatenge Spielgeräte ohne bewegliche Teile gehalten (daher keine Schaukeln, Wippen etc.). Um die Haltbarkeit zu maximieren und aufgrund von Termiten und Klima (Regenzeit, extreme Sonneneinstrahlung) verzichten wir auf die Verwendung von Holz. Die Errichtung von Spielgeräten an Vor- und Grundschulen in Lindi und Umgebung ist eines der Ziele von Poatenge – neben wirtschaftlichen Aspekten wie der Förderung von Kleinstunternehmen, in unserem Falle in Form unserer Schneiderinnen sowie den Schlossern.

Wer Lust hat, mehr über Poatenge (z.B. Entstehung, Team, Produkte) zu lesen klickt gerne hier:

PoaTenge
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